Die Borreliose ist die häufigste durch Zecken übertragene Erkrankung. Ältere Schätzungen gehen von ca. 60.000 Neuinfektionen pro Jahr aus, neuere Hochrechnungen der Krankenver- sicherer kommen auf teilweise deutlich höhere Zahlen. Auf Grund der schwierigen Diagnostik (auch bereits im Frühstadium, bspw. der Abgrenzung eines Erythema migrans gegen Rötungen unspezifischer Natur) ist die Angabe einer genauen Krankheitshäufigkeit jedoch kaum möglich. Grundsätzlich bedeutet eine Infektion (Borrelien werden beim Saugakt durch die Zecke über- tragen) nicht gleichzeitig, dass es auch zu einer Erkrankung (Borreliose) kommt! Schätzungen gehen davon aus, dass sich nur bei etwa 3 – 5 % derer, die bei einem Zeckenstich mit Borrelien infiziert werden, eine ‚aktive’ Borreliose klinisch manifestiert. In vielen Fällen entsteht nach der Infektion eine Immunität im Sinne einer „stillen Feiung“ die sich dann in einer Serumnarbe bemerkbar macht (etwa 10% der Bevölkerung sind seropositiv ohne klinische Zeichen einer Borreliose). Allerdings kann es auch bei bestehender Serumnarbe zu Neuinfektionen kommen, da mehrere verschiedene Borrelia-Genospezies mit jeweils mehreren Genotypen existieren und von Zecken übertragen werden.
Kommt es in Folge der Infektion doch zu einer Erkrankung können klassischer Weise drei Stadien unterschieden werden:
Stadium 1: Etwa 4 – 8 Wochen (bis 6 Monate nach Stich), gekennzeichnet durch die Wanderröte Erythema (chronicum) migrans, die jedoch nicht immer auftritt; nicht selten kann die Wanderröte untypisch ausfallen und zu falschen Diagnosen führen (merke: nicht jede Rötung ist eine Wanderröte, die meisten Zeckenstiche führen zu einer lokalen Rötung und Entzündung ohne Spätfolgen!). Seltener kommt es zu bläulichen Knotenartigen Verfärbungen der Haut.
Stadium 2: ist gekennzeichnet durch eine Generalisierung der Erreger (Ausbreitung über den ganzen Körper). Die Patienten sind häufig von Grippeartigen Symptomen betroffen. Selten beobachtet man in Mitteleuropa starke neurologische und/oder kardiale Symptome in diesem Stadium.
Stadium 3: dieses Stadium ist in Mitteleuropa häufig mit neurologischen Symptomen behaftet, seltener mit Arthritiden (diese dominieren in den USA, der Grund hierfür sind die unterschiedlichen Borrelia-Arten in Europa und den USA).
Nach jedem der Stadien kann es zu Spontanheilungen kommen, es kann sich jedoch auch eine chronische Borreliose, bspw. Acrodermatitis chronica atrophicans, entwickeln.
Diese Einteilung in drei Stadien entspricht der Darstellung in vielen Lehrbüchern. Es setzt sich aller- dings parallel die Begrifflichkeit „Frühmanifestationen” und „Spätmanifestationen“ der Borreliose durch, da die drei Stadien nicht notwendiger Weise zeitlich gegeneinander abgegrenzt sind. Darüber hinaus beobachtet man chronische Formen, bei denen unklar ist, ob die Borrelien direkt ursächlich sind (im Sinne einer aktiven Borreliose) oder ob es sich um Spätfolgen einer durchgemachten Borreliose oder um Erkrankungen gänzlich anderer Ätiologie handelt.
Labordiagnostisch beschränkt sich das Spektrum verfügbarer Tests auf die Serologie (IgM/IgG Nachweis per ELISA und ggf. Blot). Für bestimmte Fragestellungen (Abgrenzung aktive Borreliose vs. Spätfolgen bzw. andere Ätiologie) kann der Borrelien EliSpot herangezogen werden. In wenigen Fällen ist der molekularbiologische Nachweis sinnvoll. So kann die PCR zur Absicherung aus einer aus dem Randbereich eines Erythema migrans genommenen Biopsie oder aus Hautbiopsien bei Acrodermatitis Sinn machen (cave: keine Leistung des EBM!). Bei Gonitis empfiehlt sich die PCR aus Synovialflüssigkeit oder –membran, bei V.a. akute Neuroborreliose eine PCR aus Liquor. Grundsätz- lich ist die Sensitivität der Borrelia-PCR vergleichsweise gering, da meist nur geringe Erregerzahlen in den betroffenen Kompartimenten angetroffen werden. Eine negative PCR schließt also eine Borreliose nicht unbedingt aus, während eine positive PCR die Diagnose stützt.